EISs auf Rädern: Sportprothese für Leonhard

EISs auf Rädern: Sportprothese für Leonhard

Nittenau, Im Oberpfälzer Landkreis Schwandorf wurden Ende Februar die ersten Schritte zum Bau einer Sportprothese für den Gewinner Leonhard vorgenommen.

Hintergrund zum Projekt:
Das Projekt EISs (Erlebte Inklusive Sportschule) auf Rädern ist ein Spendenprojekt des Behinderten- und Rehabilitations- Sportverbandes Bayern (BVS Bayern), welches aus den geförderten Sportgruppen für Kinder und Jugendliche mit und ohne Handicap entstanden ist.
Schirmherrin und Radsportprofi Denise Schindler hat das Projekt EISs auf Rädern initiiert und erradelt seither jährlich mit ihrem Team, Spenden beim der Alpenüberquerung "Endura Alpentraum". Das 2013 ins Leben gerufene Projekt EISs auf Rädern, ermöglicht Kindern- und Jugendlichen mit einer Behinderung, was Denise Schindler früher beim Sport fehlte: die Gemeinschaft, das Dazugehören, der Spaß am Sport. Dafür gibt es diese inklusiven EISs-Gruppen, die Zugänge zum Vereinsleben schaffen. In den zwei vergangen Jahren konnten ein Sportrollstuhl und ein Handbike von den eingegangen Spenden für EISs Gruppen finanziert werden.

Das Projekt EISs auf Rädern 2016:

In diesem Jahr wurde die Bezuschussung von Sportprothesen für Kinder- oder Jugendlichen einer EISs- Gruppe ausgeschrieben. Mit der PDF DownloadEISs- auf Rädern Ausschreibung zu einer speziellen Prothese, die mehr als die Alltagsbewegungen zulässt, sollen Kosten übernommen werden, die in der Regel von einer Krankenkasse nicht getragen werden. Krankenkassen rechtfertigen die Absage zur Kostenübernahme, in dem nur Hilfsmittel übernommen werden können, die die Grundbedürfnisse des täglichen Lebens betreffen. Jeder kennt die positiven gesundheitlichen Auswirkungen von Sport und den Beitrag zur Entwicklung des Körpers im Besondern bei Kindern. Neben den positiven körperlichen Aspekten, gibt es auch zahlreiche weitere Effekte, wie die psychischen und sozialen, die durch Sport positiv beeinflusst werden. Kinder- und Jugendliche mit einer Behinderung sollten nicht von vornerein ausgegrenzt werden, nur weil Sie keine adäquate Hilfsmittelversorgung haben.
Ziel dieses Projekts ist es nicht nur auf die Situation aufmerksam zu machen sondern auch zu agieren und mit dieser Ausschreibung Zugänge zum Sport zu ermöglichen.
Der Gewinner der Ausschreibung:
Es gab einen Gewinner. Der aufgeweckte, neunjährige Leonard der mit einer Beinverkürzung (Proximaler Fokaler Femurdefekt) geboren worden ist, hat sich auf unsere Ausschreibung für eine Sportprothese beworben. Leonhard (Bild 1), der die dritte Klasse besucht, ist ein absoluter Strahlemann, setzt sich für seine Mitschüler als Klassensprecher ein und spielt Schlagzeug. Er fährt für sein Leben gerne Fahrrad und klettert auf Bäume. Doch eine Sportart, die mit Laufen zu tun hat, kann er unter den gegebenen Umständen nicht ausüben. Auch würde er gerne an einem Vereinssport in einem lokalen Verein teilnehmen, hat jedoch noch kein passendes Angebot in seiner Nähe finden können.

Mit seiner jetzigen Beinversorgung, kann er seinem Bewegungsdrang nicht nachgehen. Bei längeren Fußstrecken ist er auf alternative Transport-möglichkeiten angewiesen und nutzt nur ungern einen Rollstuhl. Leonhard wird mit einer Kombination aus Orthese und Prothese einer sogenannten Orthoprothese versorgt. Von einer Orthese spricht man, wenn eine Funktion die eingeschränkt ist, unterstützt wird und hingegen dazu, ersetzt die Prothese z.B ein Bein bei einer Amputation.
Bei Leonhard wird die Orthoprothese so gebaut, dass die Kraftübertragung über das Sitzbein erfolgt, da er sein Sprung- und Kniegelenk aufgrund der Beinlängendifferenz nicht nutzen kann (siehe Bild 2). Bisher wurde Leonhard mit einer starren Alltagsorthoprothese versorgt. Diese Orthoprothese hat zwar ein Kniegelenk, dieses ist jedoch statisch und nur manuell beim Sitzen ausgelöst und damit abgewinkelt werden. In der jetzigen Situation das Rennen und die damit verbundene Teilnahme am Schulsport für Leonhard erschwert.
Das Projekt EISs auf Rädern möchte daher Leonhard einen Traum erfüllen und schon im April soll er mit einer Sport- Orthoprothese ausgestattet werden, die viele Dinge möglich macht und damit ihn als Kind, Kind sein lässt. Bei der neuen Versorgung wird ein Carbonfederfuß an den Schaft montiert, welcher ein Abfedern im Gehen und Laufen zulässt. Nun wird es Leonhard möglich sein mit seinen Schulkameraden um die Wette zulaufen, er wird auch endlich barfuß gehen können und mit dieser Beinversorgung ist auch das schwimmen möglich.
Teil 1: Bau einer Sportprothese- Gipsabdruck
Das vorliegende Projekt wird durch das Sanitätshaus Reha-Technik Wellmer und Schmidbauer GmbH in Nittenau durchgeführt. Geschäftsführer und Orthopädie-mechanikermeister Wellmer betreibt das Sanitätshaus seit 1996 und betreut namenhafte Sportler aus verschiedenen Parasportarten: unter anderem Schirmherrin und Radsportprofi Denise Schindler, Triathlonstar Chris Kolbeck und Kletterexperte Thomas Meier.
Jede Hilfsmittelversorgung von Wellmer sind Spezialanfertigungen und werden genau an die Bedürfnisse seiner Kunden angepasst. Er erklärt uns jeden Schritt zu Leonards Sport-Orthoprothese ganz genau:
Im ersten und Vorbereitungsschritt (siehe in Bild 3) wird ein Strumpf über das Bein angezogen. Der Strumpf soll dabei helfen, dass man am Ende wieder leichter aus dem Gips herauskommt. Im zweiten Bild in 3. Ist das eingegipste Bild dargestellt. Mit dem Gips wir ein formgleicher Abdruck (Gipsnegativ) des Beines erhalten, der ein passgenaues Gegenstück zu Leonards Bein ist. Dieses passgenaue Gegenstück ist der Grundstein für Leonards neue Sportprothese.
Nachdem der Gips getrocknet ist, wird dieser aufgeschnitten und zum Aushärten gebracht (Bild 4).
Im nächsten Schritt wird ein Gips-Positiv erstellt, indem die Gipsbinden entfernt werden und ein Modell mit der Form gegossen wird. Erst jetzt kann Orthopädiemechanikermeister Wellmer anfangen das Modell zu bearbeiten und aus diesem Abdruck einen Probeschaft anzufertigen.
Teil 2: Bau einer Sportorthoprothese- Schaft
Im nächsten Schritt wir eine Folie erhitzt und über das gefertigte Modell gelegt und an dieses angepasst. Danach folgt das sogenannte "Tiefziehen". Hier wird unter Vakuum das Modell aus der umwickelten Folie herausgezogen. Die ausgehärtete Plastik, bleibt zurück und es entsteht ein Probeschaft. Anschließend wird dieser passgenau auf die Körperstrukturen von Leonhard zu geschliffen (siehe Bild 5) und Klettverschlüsse werden zum Auf- und Zumachen angebracht.
Wenn der Schaft fertiggestellt ist, wird die Sprungfeder aus Carbon drangeschraubt. Sind Schaft und Feder verbunden, müssen die Hebelverhältnisse von beiden Komponenten ausgelotet werden (siehe Bild 6). Hier ist das Fachwissen von Wellmer gefragt, der über seine jahrelange Arbeit genau weiß, in welchem Verhältnis diese stehen müssen, damit die Kraft maximal übertragen werden kann und Leonhards Hüfte und Bein optimal belastet wird.
Mehre Gangversuche werden unternommen, um alle Teile optimal aufeinander auszurichten. Auch ist das Gehen auf einer Schiefen Ebene, sprich Bergauf, das erste Mal problemlos möglich, da die Sprungfeder die Bewegungen abfedert. Am liebsten würde Leonhard sofort losrennen, aber die Beinversorgung ist noch nicht ganz fertig. Es fehlt noch die Kosmetik, das heißt Leonhard kann sich noch eine Farbe aussuchen, in der die Orthoprothese beklebt werden soll, bevor diese an ihn übergeben werden kann. Wir sind gespannt, wie Sportorthoprothese ausschauen wird, wenn sie komplett fertig ist. Im Besonderen freuen wir freuen uns, wenn Leonhard nach Ostern seine neue Beinversorgung entgegen nehmen kann er dann mit seinen Mitschülern schon bald um die Wette laufen und springen kann.
Am Tag der Orthoprothesenanpassung war Schirmherrin des Projekt EISs auf Rädern Denise Schindler vor Ort. Denise, die selbst Prothesenträgerin ist tauschte mit Leonhard Erfahrungen aus und als Radsportprofi zeigt sie ganz klar, dass Sport keine Grenzen hat.Mit der Finanzierung von Leonhards Sportorthoprothese will sie "Berge versetzen, Grenzen verschieben und steht für die Ideale der gelebten Inklusion." Sie will mit der Finanzierung der Sportprothese für Leonhard auf eine Problematik der Hilfsmittelunterversorgung aufmerksam machen, in der Hoffnung, dass Krankenkassen in Zukunft Kosten übernehmen werden.

Das beeindruckende Projekt EISs auf Rädern hat in den vergangen Jahren ein starkes Netz an sportlichen Einrichtungen für Kinder geschaffen, in dem Kinder und Jugendliche mit einem Handicap gleichermaßen willkommen sind und gemeinsam Freude an der Bewegung haben. Ohne Spenden wäre dieses Projekt nicht möglich und deshalb wir möchten uns in diesem Sinne bei allen großzügigen Spendern bedanken.
Für die Abteilung Inklusionssport
Bilder und Text: Friederike von Voigts-Rhetz
BVS Bayern •Georg-Brauchle-Ring 93, 80992 München
Tel.: 089 / 544 189-613,E-Mail: E-Mail-Adresse anzeigen
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