PRIENER ALEXANDER NEUFANG WAR IM PARALYMPISCHEN JUGENDLAGER

PRIENER ALEXANDER NEUFANG WAR IM PARALYMPISCHEN JUGENDLAGER

„Jede Begegnung war etwas Besonderes“ Der Jetlag steckt ihm noch in den Knochen. Trotzdem wirkt Alexander Neufang fast enthusiastisch, seine Augen glänzen, wenn er anfängt zu erzählen. Der 17-jährige Priener war zwei Wochen im Jugendlager der Deutschen Behindertensportjugend (DBSJ) bei den Paralympics in Rio de Janeiro. Zurückgekehrt ist er voller bleibender Erinnerungen.

Prien - Am Mittwoch ist der junge Mann heimgekommen, am Donnerstag saß er schon wieder in der Waldorfschule im Unterricht. Aber von Müdigkeit keine Spur, seine Augen leuchten, wenn er über Begegnungen mit Sportlern und anderen Jugendlichen erzählt. Seiner Schule ist er dankbar, dass sie ihn schnell und unbürokratisch für das Abenteuer freigestellt hatte.
Seit fünf Jahren segelt Alexander mit Behinderten im integrativen und inklusiven Segelzentrum beim Segelclub Prien Chiemsee (SCPC). Heuer hatte er bei der deutschen Meisterschaft der Dreimann-Bootsklasse "Sonar" in Kiel eine Bronzemedaille gewonnen. SCPC-Präsident Lothar Demps hatte das Nachwuchstalent motiviert, sich für das Jugendlager des DBSJ zu bewerben. Wie einige hundert andere junge Leute, die in ihren Sportarten erfolgreich sind oder sich für Inklusion engagieren, füllte Alexander ellenlange Fragebögen aus - und wurde Anfang 2016 als einer von 36 jungen Leuten aus ganz Deutschland ausgewählt. Nicht nur seine sportlichen Ausrufezeichen konnte er als Referenzen angeben, sondern auch eine Projektarbeit für die Schule über das Thema "Handicap im Segelsport". Mit Behinderten Sport zu treiben, empfindet der 17-Jährige als Bereicherung, er könne dabei viel lernen, was Ehrgeiz, Zielstrebigkeit, Ausdauer und andere Eigenschaften angeht.
Zwei Sportevents pro Tag und stundenlange Fahrten
Über Monate wurden die ausgewählten Teilnehmer vom DBSJ regelmäßig gebrieft, bekamen Essensvorschläge, Infos über Sicherheitsvorschriften und kurz vor der Abreise noch aktuelle Nachrichten über den Ausschluss russischer Athleten wegen Dopings. Alexander wollte nichts dem Zufall überlassen und beschäftigte sich intensiv mit seinem Reiseziel, verfolgte viele Wettkämpfe der Olympischen Spiele im Fernsehen mit dem Gedanken "Da steh ich auch bald" - und war überwältigt, als er im Maracana-Stadion, wo Deutschland zwei Jahre vorher Fußball-Weltmeister geworden war, bei der Eröffnungsfeier den Sportlern zujubelte.
Mindestens genauso beeindruckt haben den 17-Jährigen zwei Abende im Deutschen Haus, denn nirgends sonst bekamen die Jugendlichen des DBSJ-Camps so exklusive und hautnahe Einblicke. Ihr Programm in den zwei paralympischen Wochen war dicht gedrängt, der Besuch von zwei Sportveranstaltungen am Tag die Regel. Das war nicht selbstverständlich, denn die Wege in der Millionen-Metropole Rio waren mitunter stundenlang, erzählt der Priener.
Tischtennis, Rugby, Schließen, Segeln: Bei vielen verschiedenen Sportarten konnten die jungen Deutschen zuschauen und anfeuern. "Ex trem beeindruckt" hat Alexander zum Beispiel Rollstuhl-Basketball. "Extrem schnell und professionell" sei es auf dem Parkett zugegangen beim Damen-Finale, das Deutschland gegen die USA verlor. Kurz vor dem Endspiel hatten Alexander und die anderen Jugendlichen die deutschen Damen noch abgeklatscht, erzählt er ein Beispiel für die Nähe zu den Sportlern. Ein anderes: In der Schwimmhalle waren Selfies mit Goldmedaillengewinnern kein Problem, wenn die nach dem Wettkampf, viel lockerer als bei Olympia Wochen vorher, einfach durch die Halle marschierten. Bei aller Euphorie hatte der Priener aber nicht den Blick für weniger schöne Dinge in Rio verloren. Auch von langen Fahrten mit dem Bus entlang von nicht enden wollenden Favelas (Armenvierteln) hinter Mauern, die den Blick verwehren sollen, erzählt er im Gespräch mit der Heimatzeitung.
Noch hat der 17-Jährige nicht alle Eindrücke sortiert, die Erinnerungen sind zu vielfältig und noch zu frisch. Deshalb will er im Gespräch mit der Redaktion bewusst keinen hervorheben. "Jede Begegnung war etwas Besonderes", schwärmt Alexander Neufang - und seine Augen leuchten wieder.
"Da sitzt der Russe neben dem Chinesen und die reden einfach" Alexander Neufang
Doch, eines hebt er dann hervor: die Brücken, die so vielleicht nur der Sport schlagen kann. "Da sitzt der Russe neben dem Chinesen und die reden einfach." Wo sonst Politik und Glaube unüberwindbare Gegensätze sind, bringt die gemeinsame sportliche Sache die jungen Menschen aus aller Welt zusammen. Deshalb hatte Alexander bei der Heimreise auch die Hoffnung auf eine bessere Welt im Gepäck.
Jugendsport bsj