Pedalhelden 2023
Gemeinsam Radfahren - auf einem Rad - Tandem Fahrten im Augsburger Velodrom

“Zurück zu den Wurzeln” war das Motto bei den diesjährigen “Pedalhelden” im Peter-Krauss-Velodrom zu Augsburg, welche vom 20. bis 21.05.2023 bereits die sechste Auflage erfahren sollten. Diese wurden von Bahnradsport.Bayern e.V. ausgerichtet, einem Verein, der sich seit 2020 um diesen Nischensport (aus Sicht des Breitensports) und Vorzeigesport (aus Sicht der Erfolge bei Olympischen Spielen) bemüht. Im Vordergrund standen deshalb einmal mehr Menschen, welchen zunächst Brücken gebaut werden mussten, um das rasante Radfahren ohne Bremsen im 200m Hallenoval der RSG Augsburg absolvieren zu können.

Mitbegründer und Ideengeber Max Zimmermann von der futhuk Kinder- und Jugendhilfe GbR freut sich über die Möglichkeiten, welche die Augsburger Hallenradrennbahn bietet – die einzige in 300 km Umkreis! Der Einladung zu den Pedalhelden folgten Kinder, Jugendliche, Eltern und Sozialarbeiter, welche in der futhuk Kinder- und Jugendhilfe oder kooperierenden Institutionen beheimatet sind und Sportler:innen mit und ohne Seh-Handicap aus ganz Bayern (Breitensportler:innen und Neueinsteiger:innen sowie (Leistungs-)sportler:innen des Vereins Bahnradsport.Bayern e.V.). Jeder mit seinem eigenen Päckchen, an dem er arbeiten sollte und alle mit derselben Herausforderung - Steilkurven, keine Bremsen und zu zweit auf einem Fahrrad. Für die Teilnehmer:innen mit Seh-Handicap war letzteres nicht ganz ungewöhnlich – da sie von jeher nur mit einem Piloten auf Tandems radeln.

Stefan Böhm, durch dessen Initiative dieses Event 2018 erstmals ins “Rennen” ging, zeigt hier sein Geschick zur Vernetzung und bringt Sportler:innen miteinander in Kontakt – im Bahnradsport kommen der Leistungssport, der Inklusionssport und die Jugendhilfe zusammen. Mit dem ein oder anderen lobendem Wort kommen so Menschen in Kontakt, die das noch wenige Augenblicke zuvor nicht für möglich gehalten hätten. Michelle Wagner aus Nürnberg, 21 jährige blinde Parasportlerin und amtierende deutsche Meisterin im Tandembahnradsport reiste ohne Pilotin an - diese war auf einem anderen Wettkampf ihres Teams eingeplant - und so forderte Böhm seinen ehemaligen Kollegen Jan Moosmann aus Hilpoltstein auf, doch mal kurz für eine Stunde als Pilot zu fungieren. Den kurzen Protest “aber ich bin doch schon gerade 1h auf dem Einsitzer gefahren" kontert er gekonnt - “das war Warmfahren und Privatvergnügen - jetzt kannst du Sozialkompetenzen zeigen und Inklusion erfahren”. Mossmann stieg auf, nach einer Stunde ab, war gezeichnet obgleich der Strapazen und konnte gerade noch erklären, dass seine “Stalkerin” - so nennt man den hinteren Tandemfahrer - ganz schön Dampf gemacht hätte. Großer Spaß und im nächsten Jahr ist er wieder dabei.

Und noch weitere Geschichten schreibt dieses Event. Familie Esslinger aus Marienstein hatte sich wie folgt aufgestellt: Die Mama ist für das drumherum zuständig, Fotos, Betreuung und Rundumservice für ihre vier Jungs - einer davon der Vater - und dieser kam mächtig ins Schwitzen, denn er hatte sich pro Kind für jeweils eine Stunde eingetragen. Insgesamt also drei Stunden Fahrt als Pilot und am Ende wollten die Kinder vergleichen, wer mehr Kilometer zurückgelegt hatte - der Vater mit knapp 70 Kilometer war vorn.

Auch Ferdinand verstand ein Zeichen zu setzen. Der Jugendliche mit Down-Syndrom fuhr zunächst hinten auf dem Tandem mit und weil das so einfach zu absolvieren war, die Struktur der Rennbahn und des Rades einfach zu verstehen, traute er sich auch mit dem Single Rad alleine zu fahren - nicht in die Steilkurve aber eine Stunde lang auf der sogenannten “Cotè A Zur”, dem Übergangsstreifen vom Innenraum auf die Rennbahn. Er heimste sich dadurch eine Einladung für den Pfingstsonntag ein, eine Teilnahme bei einem Special-Olympicsrennen auf der Rennbahn in Niederpöring - ebenfalls ausgerichtet von Bahnradsport.Bayern e.V.

Zu guter Letzt noch für die Freunde von Statistiken. Mit 42 absolvierten Kilometern waren Wjatscheslaw und Sergey als Tandem das schnellste Stundenmittel gefahren. Nach anfänglichem Unbehagen und vorsichtigem Herantasten an die Rennbahn Begebenheiten absolvierten sie die letzten Runden sogar noch mit einem Tausch der Plätze. Insgesamt 25 Tandem Paarungen, sowie ca. 40 Single Starter waren mit von der Partie. Die längste Anreise hatte Familie Kunze aus Baumholder, wenn man vom Gastkind aus Japan absieht - der wohnte ja “nur” in Augsburg und hatte großen Erfolg.

So sieht es Böhm, der (neben der stetigen Neueinstellung der Räder für jede:n Sportler:in und der Einweisung ins Fahren) mit geschulten Auge auf die gerade Runden absolvierenden Fahrer:innen achtete und mit vielen aufmunternden Worte auch mehrfach selbst aufs Tandem stieg. Sein Resuümee: Fast jeder hat es mit eigenem Können in die Steilkurve geschafft und nur vereinzelt kam es zu kleineren Rutschern, welche für kurzen Schrecken sorgen sollte.

Auf also 2024 ins siebte Jahr - “futhuk-Pedalhelden” in Kooperation mit Bahnradsport.Bayern e.V. und gefördert durch Mittel des Bayerischen Staatsministeriums für Familie, Arbeit und Soziales

Interessierte Bahnradsportler:innen mit und ohne Handicap finden auf der Homepage des Vereins verschiedene Angebote, Interessant sowohl für Neueinsteiger oder auch für geübte Bahnradsportler. Es werden Trainings, Übungsrennen und Wettkämpfe angeboten, um Bahnerfahrung und die Begleitumstände kennenzulernen oder vertiefen. Beinahe monatlich sind Angebote ausgeschrieben. Für Blindenschule / Behindertenwerkstatt kann auch ein Projekttag vor Ort an der Schule durchgeführt werden, um Sportler:innen für den Radsport / Bahnradsport zu Interessieren und ein Sport-Angebot zu etablieren.
Kontaktaufnahme gerne über www.bahnradsport.bayern oder info@bahnradsport.bayern

Schwaben Bahnradsport Rad
Kontakt

Andrea Paggel
Telefon: 0170/4877545
E-Mail: info@bahnradsport.bayern

Die Veranstaltung wird aus Mittel des Bayerischen Staatsministerium für Familie, Arbeit und Soziales gefördert.

Logo: Bayerisches Staatsministerium für Familie, Arbeit und Soziales